Aller guten Dinge sind drei
„Ich bin selbst kein guter Vorleser, und wenn meine Enkelkinder etwas vorgelesen bekommen wollen, dann gehen sie lieber zu meiner Frau“ so sorgte Wolfgang Kindler gleich zu Beginn für ein kleines Schmunzeln und hatte damit die Aufmerksamkeit der SchülerInnen, denn unter ihnen gibt es meist auch nur einzelne, die im Unterricht wirklich gerne vorlesen wollen.
Wem wurde überhaupt von den Eltern bisher vorgelesen? Aus der 7a melden sich nur drei Schülerinnen und Schüler. Daher war man gespannt auf den Gast, der den weiten Weg von Recklinghausen bis in die verschneite Oberpfalz genommen hat.
Wolfgang Kindler las am 6. Dezember aus seinem Buch „Ein Fußballer muss das aushalten“ den Mädchen und Jungen der 7. Klassen vor. Dieses Jugendbuch wurde ausgewählt, um in einer neu zusammengewürfelten und multikulturellen Klasse ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu schaffen, Mobbing erst gar nicht entstehen zu lassen bzw. gleich im Keim zu ersticken.
Das Buch ist dünn, in leichter Sprache geschrieben und es geht um einen Jungen, der aus seiner gewohnten Umgebung wegzieht, was eine Ausgangssituation darstellt, die vielen bekannt ist, wodurch sie sich gut in die Hauptperson einfühlen können. So wurde schon vorab das Thema Mobbing im Unterricht thematisiert und die Jugendlichen dafür sensibilisiert. „Es ist kein neues Phänomen, sondern uralt und es gibt es schon seit es Märchen wie Hänsel und Gretel gibt, doch die Intensität und die Hemmungslosigkeit sind neu“.

Während der Autorenlesung hörte Herr Kindler immer wieder an bestimmten Textstellen auf und erklärte den Jugendlichen die wahren Begebenheiten, auf welchen das Buch beruht, und wie es entstand. Grund für sein Buch war eine selbst erlebte Situation, in welcher er aus Unwissenheit noch mehr Salz in die Wunde eines Schülers gestreut hat und ihn so umso mehr vor der Klasse bloßgestellt hat.
Eine Schülergruppe hat einem Jungen die Hausaufgabenseiten aus dem Heft so sorgsam herausgetrennt, das es nicht auffiel und als der Junge damals seine Hausaufgaben nicht vorzeigen konnte, jedoch schwor, sie gemacht zu haben, gab Wolfgang Kindler nur eine witzelnde Bemerkung wie „dass er wohl zaubern könne“ von sich, was wiederum zur Belustigung der Mitschüler beitrug.
„Dies sollte mir nie wieder passieren!“ so der Autor, der selbst als Lehrer tätig war und an seiner ehemaligen Schule eine Mobbing AG gegründet hat, in welcher bis heute ältere Jugendliche ausgebildet werden, um im Schulleben zu unterstützen und zu intervenieren.
Nicht nur eine Autorenlesung, sondern auch ein Workshop in beiden siebten Klassen fand an dem Vormittag statt. Zu Beginn sahen die Schülerinnen und Schüler ein Video von Achim, einem Jungen, der vor den Augen von MitschülerInnen und Lehrkräften am Pausenhof gemobbt wurde und Angst hatte, in die Schule zu gehen. „Mobbingopfer haben eine neunmal höhere Suizidrate“, erklärte er.
Auch sei er neulich erst von einem Arzt aus der Schmerzklinik angerufen worden, da „Mobbing neben Drogenmissbrauch und Körperverletzung chronisch krank macht.“ „Doch nicht alles ist gleich Mobbing.“ Diese klaren Abgrenzungen und welche Möglichkeiten man als SchülerIn hat bzw. welche Möglichkeiten das Umfeld hat, wurden im Workshop gemeinsam herausgearbeitet.
Nachmittags stellten sich die Lehrerinnen und Lehrer der Thematik . „Hierzu fand erstmals eine schularten- sowie schulgrenzenüberschreitende Lehrerfortbildung statt“ so Rektor Höllerer, da Lehrkräfte aus der GS Auerbach, der GS Neuhaus sowie der MS Auerbach teilnahmen.
„Es ist wichtig, im Team zusammenzuarbeiten und sich hier zu unterstützen, Mobbing löst man nicht alleine“ so Herr Kindler. „Kollegen mit ins Boot zu holen, verschiedene Werkzeuge zu nutzen und vor allem nicht wegzusehen, weil man die Mehrarbeit, die danach folgt, scheut, sei ganz wichtig. Dennoch muss man jeden Fall für sich betrachten und hier gibt es kein Ablaufschema F“ so Kindler.
Einen kleinen Leitfaden und Handlungsmöglichkeiten im Alltag gab er den teilnehmenden Lehrkräften trotzdem mit auf den Weg, bevor man sich nach gelungener Autorenlesung, einem Workshop und einer Lehrerfortbildung am Nachmittag voneinander verabschiedete.

Die Lesung wird gefördert durch den Nachhaltigkeitsrat des Landkreises Amberg-Sulzbach. Vielen Dank!
Kristina Steiner, 7a
